Aus der Geschichte des Mahlertshofs: Fortschritt durch moderne Landtechnik

BURGHAUN. Aus der Ferne betrachtet liegt der zur Marktgemeinde Burghaun zählende Mahlertshof auf dem mit 383 Meter höchsten Punkt in der Gemarkung. Bis zum Jahr 1401, seiner ersten urkundlichen Erwähnung, reicht die Geschichte des ehemals rund 200 Hektar großen Gutshofs zurück.

Die frühere Allee mit dem ehemaligen Verwalterhaus ist teilweise dem Straßenbau zum Opfer gefallen. Fotot: privat/Repro: Burkhardt

In seiner Blütezeit herrschte dort durch große Viehbestände und zahlreiche Beschäftigte ein lebhaftes Treiben. Auch heute noch wird Landwirtschaft – jetzt als Ackerbau in Verpachtung – betrieben. Seit 50 Jahren besteht auf dem Gelände mit der Fachklinik „Neue Rhön“ eine medizinische Rehabilitationseinrichtung für suchtmittelabhängige Frauen und Männer. Zudem ist in der Nähe ein wertvolles Naturschutzgebiet entstanden.

Die Höfe gehörten einst der in Wehrda ansässigen Familie von Trümbach. Bereits ab Mitte des 14. Jahrhunderts lebten in der Region Hünfeld/Wehrda/Burghaun jüdische Familien, die unter dem Schutz der Herren von Trümbach standen und zu Leibzöllen, Steuern und Abgaben verpflichtet waren. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatten Juden bei den hier ansässigen adeligen Familien ihr Auskommen.

In der „Villa“ befindet sich heute die Fachklinik „Neue Rhön“. Fotos: Karl-Heinz Burkhardt

1700 erfolgte die Angliederung der drei Mahlertshöfe an die hessische Ritterschaft. Ab 1892 werden im Steuer- und Gebäudebuch von Burghaun wechselnde Besitzer genannt, darunter das Freiadelige Stift Wallenstein in Fulda, Regierungsrat a. D. Theodor Lucke und Kaufmann Heinrich Meutsch. 1914 gab es weitere Wohnhäuser auf dem Gelände, eine Wagenhalle, ein Back-, Wasch- und Gärtnerhaus, eine Schmiede, eine Feldscheune, Melkhallen, Ställe für Kühe und Schweine sowie eine große bis heute erhaltene unterkellerte Scheune für die Einlagerung von Kartoffeln und Rüben.

Arthur Lehmann, Gutsbesitzer des rund 200 Hektar umfassenden Mahlertshofs, verließ diesen zusammen mit seiner Ehefrau Helene im März 1934. Da sie nicht arischer Abstammung waren, hatten sie sich durch ihren Inspektor Riedmüller bei der Ortspolizeibehörde abmelden lassen. Aus Arosa in der Schweiz schicken sie später ein Zeichen der Ankunft. Für ihren Besitz wurden sie damals nicht entschädigt.

1952/1953 vollzogen sich erneut ein Besitzerwechsel. Der Hessische Staatsforst übernahm 50 Hektar Forstflächen. 1953 kamen die durch den Kohleabbau im Braunkohlerevier Borken verdrängten Landwirte Kurt Stein und Heinrich Martin auf die Mahlertshöfe. Die über 130 Hektar des Gutshofs wurden je zur Hälfte unter ihnen aufgeteilt. Bisherige Mitarbeiter konnten weiterhin ihren Tätigkeiten auf Feldern und in den Ställen nachgehen. Täglich kamen Beschäftigte aus den umliegenden Dörfern zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Arbeit auf die Mahlertshöfe. Oft halfen auch Schulkinder mit, so etwa bei der Kartoffelernte.

Fachklinik seit den 1970er Jahren

Mit der Zeit hielt aber die moderne Landtechnik immer stärker Einzug. Die Viehbestände wurden abgeschafft, und beide Betriebe stellten auf Getreideanbau um. Eine Sensation für die Landwirte in der Umgebung waren die erstmals bei einer Getreideernte eingesetzten Schlepper.

Das Herrschaftshaus (genannt die „Villa“) kaufte die Hannover-Braunschweigische Stromversorgungs-AG Hannover und nutzte es einschließlich Parkanlage, Tennis- und Gewächshaus ab 1953 als Ferienheim für ihre Belegschaft und deren Familienangehörige. 1970 ging diese Gesamtanlage an den Guttempler-Orden über, der insbesondere alkoholabhängigen Menschen Wege in ein suchtmittelfreies und selbstbestimmendes Leben aufzeigen möchte. Heute trägt die Einrichtung den Namen Fachklinik „Neue Rhön“.

Idyllisches Gelände: Naturschutzgebeit „Sandgrube am Mahlertshof“

Der Mahlertshof ist historisch interessant. Kurt Stein jun. fand 1982 bei Feldarbeiten ein spitznackiges Steinbeil aus Amphibolit, das im Heimatmuseum Burghaun ausgestellt ist. Das Hessische Landesamt für Denkmalpflege schrieb dieses der Michelsberger Kultur (um 4.000 vor Christi) zu. Um 1484 nannte man die südwestlich von Burghaun liegenden Mahlertshöfe „zum Alerts“, so der Historiker Dr. August Weber in seinen Hünfelder Kreisgeschichtlichen Aufzeichnungen. 1789 werden vier Bauern, 1895 dann 25 Einwohner genannt, die in drei Häusern lebten

Kleinod zwischen Gehöften und Autobahn

In der Nähe, im Güntherswald, befand sich der ebenso zu Burghaun gehörende Happartshof, der nach dem Besitzrechtsverzeichnis von 1501 im Besitz der Herren von Hune war. Ab 1881 wechselten mehrmals dessen Bewirtschafter, 1912 lebten dort sechs Personen. Wohnhaus, Scheune und Stall brannten 1914/1915 ab und wurden nicht mehr aufgebaut. Zwischen 1924 und 1926 waren nur noch Ruinen vorhanden. Im Oktober 1989 stieß man auf einen mit Bauschutt gefüllten Brunnen.  Südwestlich des Mahlertshofs wurden Gewölbe- und Wallreste gefunden, die eventuell von der in der dortigen Gegend zu suchenden Wüstung Günthers stammen.  

Mit dem ausgewiesenen Naturschutzgebiet „Sandgrube am Mahlertshof“ befindet sich im Wald zwischen der Gehöftgruppe und der Autobahn A7 ein Kleinod. Auf einer rund vier Hektar großen Fläche im „Wilhards“, einer ehemaligen Sandgrube, hat sich seit 1992 aus vier verschieden großen und unterschiedlich tiefen Teichen ein besonders wertvolles Ökosystem für Amphibien, Vögel und andere Arten entwickelt.