Auf dem Dach, im Büro: 125 junge Leute bei der Praktikumswoche

LANDKREIS FULDA. Das Projekt Praktikumswoche war ein toller Erfolg: 125 Schülerinnen und Schüler haben innerhalb einer Woche die Arbeitsmöglichkeiten in bis zu fünf heimischen Unternehmen kennengelernt. „Das war eine sehr gute Gelegenheit mich in verschiedenen Bereichen auszuprobieren“, sagt dazu Ben Becker (16).

Till Heumüller (Mitte) schnupperte bei Kammerdiener Peegut, das derzeit für die Bäckerei Happ in Neuhof baut. Von links: Landrat Woide, die Geschäftsführer Christoph Happ (Bäcker Happ) und Dr. Christoph Schetter (Kammerdiener) und Vorarbeiter Manuel Erb. Alle Fotos:  Sebastian Mannert 

Den 16 Jahre alten Wigbertschüler traf Landrat Bernd Woide bei seinem Besuch auf einer Baustelle des Dachdeckerbetriebes Müller + Bug, der mehreren Praktikanten Einblicke gewährt hat. „Der Landkreis möchte mithelfen, vor allem auch das Handwerk bei seiner Nachwuchssuche zu unterstützen“, sagte Bernd Woide: „Die Arbeitswelt verändert sich stetig, aber das Internet wird auch künftig kein Dach decken können.“

Landrat Bernd Woide (rechts) traf Ben Becker (Zweiter von rechts) als Praktikant bei Müller+Bug-Geschäftsführer Jürgen Bug (links) und dem Auszubildenden Nafid Afzalé, der sich nach einer abgeschlossenen Einzelhandelslehre für das Handwerk entschieden hat.

Partner der Aktion Praktikumswoche sind neben dem Landkreis, der Stadt und der Region Fulda GmbH auch die Bundesagentur für Arbeit Bad-Hersfeld – Fulda, das Staatliche Schulamt für den Landkreis Fulda, die Industrie- und Handelskammer Fulda sowie die Kreishandwerkerschaft Fulda.

60 Betriebe erklärten sich bereit, bei dem Angebot „Fünf Unternehmen in fünf Tagen“ mitzumachen. Dafür dankte Landrat Woide ausdrücklich: „Es ist wichtig, jungen Menschen zu zeigen, wie attraktiv das Handwerk ist und dass im Endeffekt wirklich jeder das Handwerk braucht. Ein Haus lässt sich eben nicht virtuell errichten.“ Dennoch stehe die handwerkliche Ausbildung in starkem Wettbewerb zum Studium. „Dabei ist die beste Werbung, dass eine Ausbildung im Handwerk einen qualifizierten und sicheren Arbeitsplatz bietet.

Jürgen Bug, Geschäftsführer von Müller + Bug, sieht Projekte wie die Praktikumswoche als gute Gelegenheit, für das Berufsbild Werbung zu machen: „Unsere Tätigkeit, unser Können ist so vielseitig. Wenn wir das den jungen Menschen vermitteln können, ist das für ihre Berufswahl vielleicht ein entscheidendes Argument“, sagte der Geschäftsführer auch in seiner Funktion als Obermeister der Innung. Es sei aktuell nicht einfach, genügend Auszubildende zu finden. Und weil viele gar kein oder nur ein sehr veraltetes Bild von Handwerksberufen hätten, seien Praktika und Schnuppertage so effektiv.

„Wir Handwerker haben viel zu bieten“.

(Dr. Christoph Schetter)

So sieht das auch Ben Becker, der von der Praktikumswoche auch durch Instagram erfahren hat: „Ich fand das interessant und wollte einfach mal schauen, was da geboten wird“, sagt der 16-Jährige, der sich zufrieden über seine Woche äußerte: „Ich konnte richtig mithelfen. Das hat mich sehr gereizt, und ich habe wirklich viele Eindrücke und Kenntnisse gewonnen.“ Zur Seite stand ihm dabei unter anderem Navid Afzalé, der im zweiten Jahr der Dachdeckerausbildung ist, und ein gutes Beispiel dafür, dass Handwerk auch auf den zweiten Blick begeistern kann. Der 22-Jährige hat bereits eine Lehre als Einzelhandelskaufmann abgeschlossen. „Aber ich habe gemerkt, dass ich einen Beruf suchte, wo ich anpacken kann und außerdem einen sicheren Arbeitsplatz fürs Leben habe“, sagte er.

76 Berufsbilder

76 verschiedene Berufsbilder boten die Betriebe während der Praktikumswoche an. Darunter war auch das Bauunternehmen Kammerdiener Peegut, wo sich der 15-jährige Till Heumüller an der Baustelle der Bäckerei Happ in Neuhof umgesehen und mitgeholfen hat. „Ich bin mir noch nicht sicher, was ich schulisch machen werde, ob ich eine Ausbildung anstrebe oder erst Abitur. Und deshalb möchte ich mir anschauen, was ich für Möglichkeiten habe, welche Berufe für mich in Frage kommen würden. Deswegen habe ich mich bei der Praktikumswoche angemeldet“, sagte der junge Mann, der das Marianum besucht.
„Ein Gefühl dafür zu bekommen, was eigentlich hinter den Berufen steckt, wie sie sich über die Jahre entwickelt haben – das ist ein wichtiger Schritt für junge Menschen, um sich für ihre Zukunft besser entscheiden zu können“, sagte Bernd Woide. „In der Tat haben wir Handwerker viel mehr zu bieten, als gemeinhin so angenommen wird“, sagte Geschäftsführer Dr. Christoph Schetter. „Allein wenn man die Ausbildung betrachtet. Dieses Können, das man erwirbt, das bleibt. Das nimmt einem niemand mehr. Wer Maurer ist, der verlernt das nicht“, sagte er und ergänzte: „Wir stellen auch immer wieder fest, wie erfüllend es für viele ist, zu sehen, was sie mit ihrer Arbeit schaffen können und geschaffen haben.“  Das bestätigte auch Manuel Erb, der als Vorarbeiter auf der Baustelle tätig ist: „Es ist ein selbstständiges Arbeiten, man ist im Freien, das Team ist gut, die Aufgaben sind vielfältig, und man sieht, was man gemacht hat – ich mache das gern.“

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